Psst.

Großstadtgefühle.

Ruhe und Stille.

Eigentlich komisch. Ihr wollt was über Stille und Ruhe auf Juist lesen und ich fange mit einer Überschrift über Großstädte an. Aber das macht am Ende Sinn – versprochen!

Ich habe eine Weile in Berlin gewohnt, in der Nähe des Flughafens. Da hatte man draußen immer das Gefühl, wenn man sich streckt, kann man die Unterseite der landenden Flugzeuge berühren. War nicht so, hat sich aber so angefühlt. Draußen war es oft so laut, dass ich am Telefon die andere Person nicht verstanden habe. Drinnen ging’s – wenn die Fenster geschlossen waren. Wenn meine Freunde mich wegen dem Lärm bemitleidet haben, habe ich nur gelacht und gesagt, dass mich das nicht stört. Hat es auch nie wirklich.

Erst jetzt verstehe ich, dass das doch schon ganz schön nervig war. Das war eine Art innerer Stress. Kennst du bestimmt. Ich habe erst gemerkt, wie schön diese Stille ist, wenn ich der Abwesenheit von störenden Geräuschen eine ganze Zeit lang ausgesetzt war.

Aaaaaber – das ist natürlich nicht alles. Nicht nur ich finde, dass dieser ständige Lärm einen irgendwie kaputt macht. Vor allem in den letzten Jahren gibt es immer mehr Studien und Untersuchungen darüber, was Lärm mit uns macht: Unterbewusster Stress, schlechter Schlaf, ein Gefühl der Unruhe. Und natürlich alle Folgen davon.

Und nun stell dir mal vor, du könntest jeden Tag die Vögel in den Dünen und Wäldern rufen hören.

Inselmomente.

Als ich hergezogen bin nach Juist, hat mich diese Stille fast schon ein bisschen nervös gemacht. Wenn der Wind mal nicht peitscht, mal keine Kutsche unterwegs ist, dann höre ich auch die Leute drei Straßen weiter reden – gefühlt! Das war seltsam. Ist es immer noch. Hier fällt mir immer wieder auf, wie laut wir sind, weil alles andere so leise ist.

Das Inselorchester

Das Geklapper der Pferdehufe, die Rufe der Möwen und Austernfischer und Fasane, das Sausen des Windes, das Rascheln der Blätter, das Tosen der Wellen. Ist doch klasse!, denkst du jetzt vielleicht. Ist auch so. Da will ich gar nicht widersprechen. Aber so ein Fasan kann auch ganz schön nervig sein, wenn er in aller Frühe rumschreit – und das nicht mal sonderlich melodisch, sondern mega schief.

In dieser stillen Welt Juist fällt jedes Geräusch auf. Die spielenden Kinder vor meinem Fenster kommen mir super laut vor, weil es hier so leise ist – in der Großstadt würde ich sie wohl kaum wahrnehmen. Hier höre ich die Pferdekutsche schon lange kommen, bevor sie da ist. Hier klingt der Wind fast wie ein Lied, wenn er um Häuserecken weht.

Vor allem grandios und absolut bezaubernd finde ich es, wenn ich die Austernfischer am Ostdeich singen hören kann.

Die Juister Stille.

Was ich mit diesen ganzen Worten bisher sagen will: Denk mal darüber nach, wie viel Lärm dich tagtäglich und in jeder Sekunde umgibt. Ich meine nicht die bewussten Dinge wie ein laufender Fernseher oder ein Gespräch im Nachbarbüro. Ich meine dieses weiße Rauschen, das immer im Hintergrund zu hören ist . . . die Autobahn, die dich als Hintergrundgeräusch immer begleitet. Ich meine das ständige Gebimmel der Bahnen hinter deinem Haus, das Martinshorn der Feuerwehr, des Rettungsdienstes oder der Polizei im Einsatz.

Von daher – Ja, Juist ist irgendwie leise. Aber irgendwie auch nicht.

Und wenn du das nächste Mal nach Juist kommst, achte mal ganz bewusst darauf, was du hören kannst und was du eben nicht hören kannst. Stell dich mal ans Meer und lausche den Wellen. Denn du hörst nicht nur die Wellen. Du hörst auch das leise Knirschen von Schritten anderer Spaziergänger und Spaziergängerinnen. Du nimmst die Geräusche des Windes wahr, das Rascheln deiner Kleidung, die Rufe der Vögel.

Und nach einiger Zeit merkst du dann auch, wie all die negativen Symptome des Stresses deinen Körper verlassen. Die Unruhe weicht, du schläfst besser, du bist nicht mehr so nervös. Diese Stille in der Natur geht uns im Großstadtleben immer wieder ab, wenn die Naturgeräusche durch Stadtgeräusche übertönt oder gar ersetzt werden.

  • Statt singender Vögel hören wir unsere Nachbarn aufstehen.
  • Statt Wind hören wir die vorbei rauschenden Autos auf der Straße neben uns.
  • Statt Blätterraschen hören wir laute Musik.

Hier ist es nicht leise. Nie. Na ja gut, fast nie. Immer hört man etwas. Aber es sind gute Geräusche, es sind leise und natürliche Geräusche. Das ist nichts, das uns in Alarmbereitschaft versetzt. Nein, im Gegenteil. Das beständige Rauschen der Wellen wirkt beruhigend auf uns Menschen. Rufe von Möwen, Austernfischern oder Fasanen sind nichts Schlimmes für uns, denn wir wissen unterbewusst, dass sie uns nichts Böses wollen.

Von daher – Ja, Juist ist irgendwie leise. Aber irgendwie auch nicht.

Und ich kann nur sagen – ich liebe diese nicht-wirklich-stille Stille. Das ist echte Entspannung für die Ohren. Und den Geist. Und das Herz.

Übrigens . . .

Manchmal kommt man ja über die seltsamsten Themen ins Gespräch. So habe ich vor einiger Zeit genau über Stille und Ruhe mit ein paar Bekannten auf der Insel gesprochen. Diejenigen, die hier aufgewachsen sind, haben natürlich ein anderes Verhältnis dazu, als ich Großstadt-Festländerin. Wir durften früher im Sommer zum Beispiel nie laut Musik hören. Nicht mal, wenn die Zimmertür zu war. Das könnte ja die Gäste stören – war eine Anmerkung.

Ich wollte immer Inline-Skaten, aber im Sommer geht das ja nicht, weil das die Gäste stören könnte.

Ein bekannter zu mir, als wir über stille gesprochen haben

Spannend, oder? Und ich meine das ganz wertfrei. Ich finde, solche Ansagen an die eigenen Kinder zeigen, dass das Wohlergehen der Gäste ganz oben auf der Liste der Wichtigkeiten steht. Ob die Tatsache, dass man so leise sein musste, jetzt zu Lasten der unbeschwerten Kindheit ging, wage ich nicht zu bewerten.

Aber spannend ist es allemal, denn heute ist es auf dem und rundum den Kurplatz eigentlich nie wirklich still, denn die Motorboote auf dem Schiffchenteich sausen mit sirrendem Motor, die Kinder jubeln und spielen laut, die Eltern und Gäste erheben die Stimme, um miteinander sprechen zu können, wenn der Wind laut pfeift, oder eine Kutsche um die Ecke biegt.

Ja, leise ist es auf dem Kurplatz im Sommer nicht. Aber trotzdem . . . irgendwie still. Die Hintergrundgeräusche sind gute Hintergrundgeräusche, finde ich. Also bleibe ich bei meinem Statement, dass du bei deinem nächsten Besuch hier einfach mal ganz konzentriert lauschen solltest.

Denken wir an meinen Beginn zurück:

Ich habe geschrieben: „Eigentlich komisch. Ihr wollt was über Stille und Ruhe auf Juist lesen und ich fange mit einer Überschrift über Großstädte an. Aber das macht am Ende Sinn – versprochen!“

Und, jetzt macht das Sinn, oder?

Du willst noch mehr über Stille auf Juist erfahren?

Psssssssst.

Stille und Schweigen: Was macht das mit uns? Wie kommt es, dass Schweigen manchen Menschen so viel einfacher fällt, als anderen?

9 Gedanken zu „Großstadtgefühle.“

  1. Ich liebe die Geräusche im Februar ! Wenn der Wind die Wellen peitscht und du in eine Richtung getrieben wirst. Ab und an wegen Wortfetzen von anderen Spaziergängern herüber, die auch das Raue der Winterzeit mögen. Und ist man dann irgendwo angekommen, freut man sich auf ein heißes Getränk oder ein leckeres Fischgericht.

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  2. Ich liebe Juist und die Abgrenzung zur Großstadt zu jeder Jahreszeit. Das Meeresrauschen beseelt mich und der Wind lässt mich frei in meinen Gedanken werden .
    Die Inselmusik ist für mich das Klappern der Pferdehufen und die unfassbare Weite des Horizonts ist unbezahlbar.Juist und die ursprüngliche Natur ist ein Kraftort .Die Strände traumhaft schön.

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  3. Wir kommen seit 1972 auf unsere absolute Lieblingsinsel und wissen, daß wir dort all das wiederfinden, was wir lieben:: Meeresrauschen, der weite Himmel, der herrliche Strand, die Gemütlichkeit des Ortes, der Weg am Strand zum Ostende bis hin zur Domäne Bill. Seit einigen Jahren nehmen wir die Kutsche dorthin und freuen uns auf den leckeren Rosinenstuten. Juist ist für uns ein Ort zum Auftanken der Kraftreserven und ein wunderbarer Sehnsuchtsort – mit keiner anderen Nordsee-Insel zu vergleichen. Juist war und bleibt für uns die Nummer 1 !!!

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  4. Juist…..hier lenkt mich nichts ab….ich gehe am Strand, sehe die immer wiederkehrenden Wellen .
    Als ein Zeichen des Lebens, immer wieder neu, mal stürmisch kraftvoll, mal auslaufend ruhig und ich nehme viel Kraft daraus.
    Den Kopf frei bekommen, weil ich einfach geradeaus laufe, ohne abgelenkt zu werden……..

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  5. Juist ist für mich auf der Steinkrabbe am Hafen zu sitzen und aufs Watt zu schauen, die Stille ist dort der Schrei der Austernfischer. Wenn ich am Strand bin und die Wellen ankommen ist mir so still daß ich manchmal sogar meinen Tinnitus nicht höre.
    Insel Juist Töwerland, Zeit für Stille…..

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  6. Juist ist meine Seele, 💖
    mein Lieblingsort, 🏖️
    (neben
    Paris/Versailles,) ⚜️✨
    mein Lebenselixier…🎏🌊☀️

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  7. Ich entschleunige und komme zur Ruhe! Was gibt es schöneres als im Strandkorb zu sitzen (vielleicht mit einem Cocktail 🍹) und auf das Meer zu sehen 🌊 und dem Rauschen zuzuhören!

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Julia Findeisen

Julia Findeisen lebt seit 2021 auf Juist. Sie schreibt über ihre absolute Leidenschaft: Genussmomente und Glücksorte. Juist ist für sie zur Heimat geworden.

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