Helligkeit

Helligkeit.

Goldene Stunde.

Goldene Momente.

Ich habe auf dem Festland nie viel über Licht nachgedacht. Aus dem Physikunterricht weiß ich, dass Licht Partikel sind, die sich in Wellenform fortbewegen. Oder so ähnlich. Für mich war es so, dass es nie wirklich eine Rolle gespielt hat, ob es hell war oder nicht – Denn überall sind ja Lampen und Lichter

Aber hier auf Juist ist es anders. Man merkt wirklich, wie es dunkel wird. Erst langsam, dann immer schneller. Von der Mittagssonne zur Nachmittagssonne, zum Dämmerlicht, zur Dunkelheit, zur nächsten Dämmerung, zur Frühmorgensonne, zur Mittagssonne. Ein Kreislauf ohne Anfang und ohne Ende. Auch wenn es bewölkt ist, wissen wir doch, dass Licht rund um uns herum ist. 

Ich weiß, ich habe das goldene Licht im Rücken

Übers Jahr hinweg ist es dann so, dass die Farben des Lichtes sich ändern. Der Sommer ist klar und hell, passend zur Nordsee, passend zum puren Erlebnis der Insel, die freundlich ist. Der Frühherbst / Spätsommer eher wie mit einem Filter vergeben, als klammerte er sich noch an die letzten warmen Tage. Der Herbst ist voller warmen Töne, voller warmer Farben, als wollte der Herbst die kühler werdenden Tage mit seinem Licht kompensieren. Der Winter ist klirrend kalt, die Farben grau und oftmals grell, aber ebenso oft auch dunkel und farblos. Der Frühling sprießt grün, sogar die Farben scheinen manchmal ins Grün umzuschlagen.

Von Tag zu Tag scheint sich das Licht zu verändern. Es ist faszinierend. 

Gold ist es oft genug. Bei Sonnenuntergang und bei Sonnenaufgang. Und dieses Gold ist es, das einen begleitet durch das Jahr.

Goldene Stunde.

Die Goldene Stunde ist ein Ausdruck aus der Fotografie. Sie bezeichnet diese Momente rund um den Sonnenuntergang sowie rund um den Sonnenaufgang, wenn die Sonne die Welt in goldenes Licht taucht. Alles scheint gelb-gold zu sein, glitzernd, wie weichgezeichnet. Ein Spiel aus harten Schatten und weichem Licht entsteht. 

Goldene Stunde: Ich mag den Ausdruck. Goldfarben, wertvoll wie Gold, selten wie Gold. Eine Stunde ist es zwar nicht, aber trotzdem. Und nicht nur mich fasziniert die Goldene Stunde. Fotograf*innen auf der ganzen Welt nutzen Apps, um das perfekte Timing, das perfekte Wetter und die perfekten Einstellungen an ihrer Kamera abzupassen, um ein Bild zu schießen. Ein Bild, das einen innehalten und staunen lässt. Ich finde das absolut faszinierend. 

Die Goldene Stunde auf Juist.

Bei Sonnenuntergang im Spätsommer wage ich mich gerne an den Strand. Dann, wenn sie Sonne langsam tiefer sinkt, wenn sie nach und nach im Wasser versinkt. Ich halte dann meistens schon am Strandabgang inne. Denn von dort sieht man das ganze Spektakel aus der Ferne – Die Sonnenstrahlen, die sich in den Prielen und Wellen spiegeln, die warmen Farbtöne des Lichts, die die Strandkörbe, Sandburgen und Rettungsstationen eintauchen. Dann geht’s ein paar Schritte weiter zum Strand. Die Füße berühren das erste Mal den Sand. Und ich drehe mich um. Ich weiß, ich habe das goldene Licht im Rücken. Dann sehe ich den Ort, der fast kühl wirkt, der noch in ganz anderes Licht getaucht wird. Weiter geht’s. Bis an die Wasserkante, durch den ersten Priel, Füße in die Wellen. Ab in die Knie. Dann kann man es am besten sehen. Die Wellen spielen mit den Sonnenstrahlen. Die Sonne steht schon etwas tiefer. Der erste Teil der Sonne versinkt im Meer. Die Wellen verdecken die Sonne zum Teil. Wolken ziehen über den Himmel, durchbrechen die Strahlen der Sonne, wie Wattebäusche.

Es sind faszinierende Momente. Es sind kleine Momente, die sich ins Herz einbrennen. 

Bei Hochwasser wirkt das ganze Schauspiel leidenschaftlich und teilweise sogar gefährlich, wenn die Wellen hochpeitschen. Bei Niedrigwasser sieht alles so natürlich und fast schon wie gemalt aus, ruhig und leise und andachtsvoll. Die Priele erwecken die Szenerie zum Leben mit ihren klaren Kanten. Die Goldene Stunde zeigt, woher ihr Name kommt.

Wende dein Gesicht immer der Sonne zu und die Schatten fallen immer hinter dich.

Aus China

Ein Sonnenuntergang am Meer ist einfach unbeschreiblich. Alles scheint wie in Watte getaucht. Alles scheint wie unendlich. Der Moment ist viel zu schnell vorbei, die Fotos fangen die Realität nicht ein. Zu besonders ist die Stimmung. 

Golden ist er wirklich, dieser Moment. Du musst Glück haben, den perfekten Moment zu erwischen. Auch kleine Abbrüche wie Regen tun diesem Goldenen Moment keinen Abbruch, denn wie das Edelmetall machen die fehlenden Perfektionen das Meisterwerk nur zu einem Unikat, nicht zu einem Missgeschick. So einen Sonnenuntergang gibt’s nur einmal. Einmalig. Vergänglich und unwiederbringlich. Wie Gold auch. Und trotzdem wird die Sonne am nächsten Abend wieder untergehen und, wenn wir ein wenig Glück mit dem Wetter und ein bisschen Geduld haben, sehen wir wieder einen Sonnenuntergang, der uns umhaut. 


Tipps für deine perfekten Goldene Stunde-Fotos. 

Erstmal sollten wir klären, WANN denn die goldene Stunde überhaupt ist: Bei Sonnenuntergang beginnt die Goldene Stunde etwa eine Stunde vor der eigentlichen Uhrzeit des Sonnenuntergangs. Bei Sonnenaufgang beginnt die Goldene Stunde mit dem Sonnenaufgang und endet in etwa eine Stunde später. Je nach Wind, Wetter und Wolken ändern sich diese Zeiten aber.

Wenn du jetzt also auf den Geschmack gekommen bist und deine Handygalerie mit den schönsten Fotos zur Goldenen Stunde füllen möchtest, beachte unsere Tipps: 

  • Nutze Gegenlicht. So entstehen spannende Kontraste und auch vertraute Motive wirken neu und aufregend.
  • Achte auf die langen Schatten – auch auf den Schatten, den du selbst verursachst.
  • Denke an Plastizität: In der Goldenen Stunde wirken zum Beispiel Wellen noch majestätischer, als eh schon.
  • Wenn du das kannst:
    • Stelle deine Blendzahl runter
    • Stelle die Belichtung runter
  • Achte darauf, Kunstlicht aus der Kulisse zu entfernen, wenn möglich.


Du siehst also: Es ist überhaupt gar nicht schwer, tolle Fotos zur Goldenen Stunde zu machen. Woher ich das weiß? Ich selbst knipse immer einfach drauf los, wenn ich Lust habe. Und manchmal kommen da echt tolle Aufnahmen bei rum. Nicht immer, aber das ist ja auch nicht schlimm. Denn: Goldene Stunde bedeutet nicht, dass alles perfekt sein muss, sondern, dass dir der Moment der Goldenen Stunde wichtig sein soll und nicht ein vermeintlich perfektes Ergebnis.

Goldene Stunde: Pure Magie.

Ich hoffe, ich konnte dir einen Aspekt von Licht nahebringen. Mich hat die Faszination der Goldenen Stunde im Griff, seit ich auf der Insel lebe. Ich liebe diese Momente. Ich wünschte, sie würden für immer anhalten, aber ich weiß auch, dass ihre Magie darin liegt, dass sie vergehen. Die Goldene Stunde ist nur ein kleiner Teil des Tages (ca. ein Vierundzwanzigstel) und doch kann sie die Stimmung des gesamten Abends setzen. Und das ist ein Moment, den ich liebe. Es ist ein Ritual, das ich gerne pflege: Vor dem Sonnenuntergang am zum Strand und dort warten und gucken, fiebern, bis die Sonne untergegangen und es kalt geworden ist. Das ist ein perfekter Abend für mich. Das ist die Magie der goldenen Stunde, dass man die Zeit vergisst und sich gleichzeitig so bewusst ist, dass die Zeit gerade verstreicht und die Goldene Stunde nicht ewig anhalten kann. 

Die Goldene Stunde auf Juist beobachten:

Du hast es dir bestimmt schon gedacht: Ich finde, man kann nirgendwo so unglaublich schön die Goldene Stunde beobachten, wie hier auf dem Töwerland Juist. Und nach knapp drei Jahren auf der Insel habe ich (bilde ich mir zumindest ein) ein gutes Gefühl dafür, wo man den Sonnenuntergang und speziell die Goldene Stunde am besten beobachten kann.

Orte, an denen du die Goldene Stunde auf Juist besonders grandios beobachten kannst:

Aussichtsplattformen West an der Strandpromenade

Genießen Sie den Ausblick auf den wunderbaren Strand und die Sonnenuntergänge.

Aussichtsplattformen Ost an der Strandpromenade

Genießen Sie den Ausblick auf den wunderbaren Strand und die Sonnenuntergänge.

Aussichtsplattformen Mitte an der Strandpromenade

Genießen Sie den Ausblick auf den wunderbaren Strand und die Sonnenuntergänge.

Was ist die Goldene Stunde für dich?Schreibe deine Gedanken:

Julia Findeisen

Julia Findeisen lebt seit 2021 auf Juist. Sie schreibt über ihre absolute Leidenschaft: Genussmomente und Glücksorte. Juist ist für sie zur Heimat geworden.

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