Inselgeschichte

Geschichteninsel.

Inselgeschichten.

Geschichten von Juist für Juist.

Ein Backbuch habe ich geschrieben, weil ich gerne Kuchen esse

Ich treffe Frauke Rose in ihrem Büro.

Frauke habe ich angesprochen, um mit ihr über Geschichten zu sprechen. Denn das ist schließlich das Thema des Monats in diesem Monat. In meinem Kopf „spukt“ schon vor unserem Gespräch ein Textentwurf, von wegen welche Orte auf der Insel Frauke inspirieren und welche Geschichten von Juist sie als Kind schon kennengelernt hat. Aber das kommt anders. So wie das Leben.

Juist Erleben.

Frauke empfängt mich super herzlich in ihrem Büro. Ich kenne das Büro natürlich. Hier sitzt ihre Vermietungsagentur „Juist Erleben“. Gegründet 2020, vertritt Juist Erleben schon jetzt mehr als 80 Gastgebende – Tendenz? Steigend. Es sind primär Juister, sagt Frauke mir. So kam die Idee von Juist Erleben eigentlich auch zustande. Frauke wollte sich jobmäßig umorientieren und einer ihrer heutigen Geschäftspartner wurde von Juistern angesprochen, ob er sich denn nicht um die Vermietung ihrer Wohnungen kümmern wollte. So entstand Juist Erleben. Eine schöne Geschichte, finde ich. Eine Geschichte aus Notwendigkeit und Zufall. So was mag ich gerne.

Der Kreativraum.

Aber ich kam nicht nur auf Frauke wegen ihrer Vermietungsagentur. Wenn man in ihr Büro / Ladenlokal reinkommt, begrüßen einen direkt Gemälde und verschiedenste Produkte – von Postkarten, über Schlüsselanhänger, Armbänder und Tassen. Alles in liebevoller Handarbeit gefertigt und mit Bezug zur Insel. Die Geschichte hinter dem Künstler oder der Künstlerin ist ihr besonders wichtig. „Die Kund*innen fragen auch danach“, verrät sie mir. Verstehe ich: Ich möchte schließlich auch etwas kaufen, das besonders ist. Ich möchte ein Souvenir kaufen, das ich auch zuhause benutze und wertschätze, statt einen weiteren Staubfänger. Und ich habe das Gefühl, dass genau solche Produkte hier zu finden sind. Frauke erzählt mir von einer Juisterin, die schon lange ihre Produkte im Kreativ Raum anbietet: Sie fertigt Taschen an, die es oft nur einmal gibt, weil sich beispielsweise die Stoffkombination immer wieder ändert. Frauke kennt die Geschichten hinter ihren Produkten definitiv.

Fraukes Inselbücher.

Aber Frauke fiel mir auch nicht nur wegen ihrem Kreativ Raum mit den handverlesenen Produkten mit Geschichte ein. Ganz offen und ehrlich erzählt sie mir, dass die Idee für den Verkauf von Produkten kam, weil sie primär ihre eigenen Bücher verkaufen wollte. Kann ich verstehen.

Sie hat mittlerweile zwei Backbücher und zwei Kinderbücher geschrieben. Spoiler: Alle vier Bücher entstanden aus dem Alltag heraus. Und ich finde, das ist auch eine Art von Inspiration durch die besonderen Gegebenheiten der Insel.

Juister Geschichten

Wenn ich ans Geschichtenschreiben und das Erwecken von Inspiration denke, sehe ich immer die Natur vor mir, spüre die Ruhe und die Erholung auf der Insel. Das ist es für mich, was Juist als Kreativinsel auszeichnet. Juist hat einfach die Gegebenheiten, dass man sich auf die eigene Fantasie konzentrieren kann. Anders als das oftmals laute Festland, in dem Routinen eingewachsen und festgestampft sein können.

Bei Frauke war es anders. Und das finde ich super spannend. Für sie mag es anders sein, als Juisterin, als eine Person, die hier nie wirklich für lange so richtig weg-weg war. Für sie mag Juist Standard sein mit seiner Natur und der Stimmung. Umso schöner finde ich es, dass sie diese Situationen, die aus dem Alltag stammen, als Grund ansieht für ihre Kreativität. Finde ich eine tolle Sache. Geschichten aus dem Alltag finde ich genau so schön und wertvoll und sympathisch, wie andere Geschichten. Und eines macht sie noch besser: Wir alle erleben sie. Ich kann mir zum Beispiel super gut vorstellen, dass ich im Alltag über eine Frage oder eine Situation stolpere, die diese kleine Leuchte in meinem Kopf angehen lässt und schon kann ich schreiben. Zumindest die Vorstellung.

Fraukes Backbücher.

Ich frage sie, wie es dazu kam, dass sie ein Buch geschrieben hat. Und mache direkt einen Fehler: Ich sage „Kochbücher“. Sie korrigiert mich: „Ich habe Backbücher geschrieben“. Sorry. „Kein Problem“, lacht sie, „Für mich sind Kochen und Backen zwei grundlegend verschiedene Dinge. Backen tue ich gerne, kochen nicht so wirklich“.

Wie entstanden denn die Backbücher? Aus dem Alltag heraus, erfahre ich. Frauke hat zehn Jahre lang in der Gaststätte ihrer Eltern, im Kompass, der früher im Alten Bahnhof ansässig war, gearbeitet. Kuchen gab es da lange nicht. Bis sie sich entschieden, Kuchen einzukaufen und zu verkaufen. Ein Erfolg. Um mehr Abwechslung reinzubringen, schlug Frauke vor, hausgemachten Kuchen zu verkaufen. Erst einen Marmorkuchen, dann mehr und mehr Variationen und verschiedene Sorten. Sie buk täglich einen Kuchen, bald wurden es mehr und mehr. Auf der Suche nach den perfekten Rezepten, begab sie sich auf Recherche – fügte Rezepte aus dem Internet zusammen und tauschte Zutaten aus. So entstand ein Blätterberg. Unorganisiert und chaotisch stelle ich mir den vor. Frauke machte sich also dran, all die Rezepte zu bündeln. In einem Buch. Erst entstand der Gedanke, dass sie das Buch nur für sich selbst anfertigte, dann, um die Rezepte zu verschenken. Ich lache: „An Freunde, damit sie wissen, welchen Kuchen sie dir backen sollen, wenn du zu Besuch kommst?“ Sie lacht auch. Aber das finde ich eine tolle Geschenkidee. Richtig persönlich. Und was für eine tolle Geschichte hinter der Geschichte! Es erwies sich als schwer, einen Drucker zu finden, der so eine geringe Anzahl an Büchern anfertigen würde. Also verkaufte sie ihr erstes Backbuch auch im Kompass. Und das klappte gut. Bald folgte das zweite Backbuch. „Ein Backbuch habe ich geschrieben, weil ich gerne Kuchen esse“, meint sie. Ich grinse. Dieser Logik folgend müsste ich ja schon hunderte Kochbücher geschrieben haben.

Fraukes Kinderbücher.

So eine Juister Müllabfuhr ist ja auch was Besonders. Wo sonst kommt die Müllabfuhr mit der Kutsche?

Auch die beiden Kinderbücher entstanden aus dem Alltag hinaus – ein Beweis dafür, wie ich finde, dass Juist inspiriert, wenn auch nicht nur durch seine Natur, sondern durch die alltäglichen Austausche mit Gästen und anderen Menschen. Der Kompass lag ja im Alten Bahnhof. Natürlich fragten die Gäste also danach, wie das früher mal war mit der Inselbahn. Das Team hat noch ein Exemplar von einem alten Geschichtsbuch, das die Inselbahn vorstellte. In Frauke reifte also der Gedanke – Wenn sie Backbücher schreiben kann, warum dann nicht auch ein Buch über die Inselbahn? Als wirkliches Geschichtsbuch wollte sie es aber nicht gestalten – zu viel Recherche mit zu viel Suche nach Quellen, die ihr als Nicht-Profi verschlossen bleiben könnten. Und so ein Geschichtsbuch schreckt ja vielleicht auch ab. Also wurde es ein Kinderbuch über die Inselbahn, aufbereitet mit Illustrationen von Langzeit-Gästin Heike Denny (die auch ihre Bilder mal im Haus des Kurgastes ausgestellt hatte). Und das fruchtete: Die Gäste — Groß und Klein — fanden und finden natürlich auch im Moment Gefallen am Buch über die Inselbahn.

Einige Zeit später folgte dann ihr zweites Kinderbuch – diesmal über die Müllabfuhr. Typisch Juist und ein echter Hingucker, denn schließlich sind es fast jeden Tag unzählig viele Fotos, die von der ganz besonderen Juister Müllkutsche geschossen werden. Auch darüber gab es immer wieder Fragen und den Wunsch, mehr zu erfahren. So eine Juister Müllabfuhr ist ja auch was Besonders. Wo sonst kommt die Müllabfuhr mit der Kutsche? Eigens konstruiert, knapp eine Tonne schwer und mit den Zugpferden voraus – Das ist die wohl schönste und sympathischste Müllabfuhr der Welt. Finde ich zumindest.

Die Geschichte wiederholte sich also: Während Fraukes Bachbücher entstanden, weil sie gerne Kuchen isst, entstanden die Kinderbücher aus der Idee heraus, etwas ganz Typisches für Juist zu erklären.

Frauke Rose.

Ich habe wirklich das Gefühl, jemanden getroffen zu haben, der wertschätzt, wie zentral und absolut essentiell Geschichten jeder Form und Farbe in unserem Leben sind.

Aber jetzt endlich mal zu Frauke selbst. Immerhin – ganz unter dem Gedanken der Geschichten – möchtest du ja sicher wissen, von wem ich hier die ganze Zeit spreche und was ihre Geschichte ist.

Ihre Familie war irgendwie schon immer auf Juist. Der Ursprung quasi. Ihre Ausbildung war – sagen wir — juisttypisch. Bei der Kurverwaltung hat sie die Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau im Kur- und Fremdenverkehr. Eine ganz schön lange Bezeichnung. Nach der Ausbildung ist sie in den elterlichen Betrieb – Kompass – zurückgekehrt. Eigentlich für eine Saison. Am Ende für zehn Jahre. Frauke war für eine kurze Zeit auf dem Festland, aber es hat sie zurück auf die Insel gezogen. Um neben der Gastronomie etwas anderes zu erleben, ist Frauke zu einer Ferienwohnungsvermietungsagentur gegangen. Dann reifte der Gedanke in ihr, eine eigene Agentur zu gründen. Seit 2020 ist Juist Erleben auch schon dabei. Seit einem Jahr ist Fraukes Lebenspartner Jona Kunze auch ihr Geschäftspartner und unterstützt die Firma im handwerklichen Bereich. Und diesen Job liebt sie – die Abwechslung zwischen Kontakt mit den Gästen, Kreativität im Bereich des Marketings ihrer Unterkünfte und das Aktive, um die Wohnungen zu überprüfen.

Geschichteninsel Juist.

Im Laufe des Gespräches stelle ich immer mehr fest, dass Fraukes Leben sich rund um Geschichten dreht. Ich bin so froh, dass ich sie gefragt habe wegen dieses Gesprächs. Ich habe wirklich das Gefühl, jemanden getroffen zu haben, der wertschätzt, wie zentral und absolut essentiell Geschichten jeder Form und Farbe in unserem Leben sind. Denn sie geben Gefühle wieder, sie lassen uns lachen und verzweifeln, jubeln und trauern. Geschichten sind es, die wir Kindern vorlesen, die wir uns erzählen und ausmalen in unserem Kopf. Ich liebe Geschichten. Und ich habe auch das Gefühl, dass wir uns mit Geschichten nur auseinandersetzen, wenn wie im richtigen Mindset sind, im Urlaub zum Beispiel – entspannt und beruhigt, von unseren Liebsten umgeben. Ich liebe Geschichten einfach und ich merke, dass die Geschichten hinter Menschen – ihre Biografien und Beweggründe – Frauke auch total wichtig sind.

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Julia Findeisen

Julia Findeisen lebt seit 2021 auf Juist. Sie schreibt über ihre absolute Leidenschaft: Genussmomente und Glücksorte. Juist ist für sie zur Heimat geworden.

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