Nachhaltigkeit.

Ausgezeichnet.

Nachhaltigkeit auf Juist.

So funktioniert nachhaltiges Handeln auf dem Töwerland: Interview mit Niko Paech

Er ist einer der bekanntesten deutschen Wachstumskritiker –
der Oldenburger Ökonom & Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech im Gespräch mit uns.

Juist: Was bedeutet kurz beschrieben Nachhaltigkeit?

Niko Paech: Nachhaltige Entwicklung bedeutet globale Gerechtigkeit innerhalb der Grenzen unseres Planeten. So gesehen sollte jeder Mensch über einen Lebensstandard verfügen können, der keine Schädigungen unserer Lebensgrundlage bewirkt, wenn die restliche Weltbevölkerung (7,3 Mrd.) genauso lebt. Davon ist gerade Deutschland mit einem extrem hohen Lebensstandard so weit entfernt, dass nur eine Reduktion unserer Wohlstandsansprüche weiterhilft. Das muss aber kein Verzicht sein, sondern kann sogar zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der Zufriedenheit führen.

Juist: Warum ist die Umsetzung von Nachhaltigkeit so wichtig für unsere
Zukunft?

Niko Paech: Die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit sind in einigen Bereichen (Klimawandel, Artenvielfalt, Stickstoffkreislauf, Abfälle etc.) bereits überschritten. Es existiert kein Umweltproblem, das sich nicht fortlaufend verschärft hätte. Alle Versuche, unseren mobilitäts- und konsumorientierten
Lebensstil durch technische Innovationen oder nachhaltige Produkte von ökologischen Schäden zu entkoppeln, sind gescheitert. Deshalb sind wir mit einem Verteilungsproblem konfrontiert und müssen die zukünftige Gestaltung
unserer Lebensweise an folgender Frage orientieren: Was darf sich ein einzelnes Individuum noch an materiellen Freiheiten nehmen, ohne ökologisch und somit zugleich sozial über seine Verhältnisse zu leben?

Juist: Was hat Nachhaltigkeit mit Reisen zu tun?

Niko Paech: Der Klimawandel ist das schwerwiegendste Umweltproblem. Wenn das Nachhaltigkeitsprinzip darauf angewandt wird, ergibt sich, dass jedem Menschen pro Jahr maximal noch 2,5 Tonnen an CO2-Emissionen zustehen können. Tatsächlich sind es im Deutschland durchschnittlich 12 Tonnen. Nichts ruiniert die individuelle CO2-Bilanz mehr als der Flugverkehr. Eine Flugreise von Deutschland nach Australien oder Neuseeland und zurück beläuft sich pro Person auf 12 bis 14 Tonnen.

Was darf sich ein einzelnes Individuum noch an materiellen Freiheiten nehmen, ohne ökologisch und somit zugleich sozial über seine Verhältnisse zu leben?

Juist: Wie kann ich mich nachhaltig im Urlaub verhalten?

Niko Paech: Kein Flugzeug besteigen und keine „Kreuzfahrten“ buchen.

Juist: Warum passen Nachhaltigkeit und Juist so gut zusammen?

Niko Paech: Juist ist für uns in Deutschland leicht zu erreichen. Es ist keine weite Reise, für die wir ein Flugzeug benötigen. Juist können Sie problemlos mit dem Auto oder viel besser mit der Bahn oder dem Fernbus erreichen. Jedes Jahr entstehen für alle An- und Abreisen nach Juist ca. 7. 500 t CO2. Das ist weniger als die Gesamtmenge der Emissionen für einen Hin- und Rückflug im vollbesetzten A380 nach Australien oder Neuseeland. Auf Juist gibt es keine Autos. Auch hier sparen Sie im Urlaub erheblich an CO2. Da ist die Insel schon richtig gut. Allerdings gibt es im Bereich Energie und Wärme noch viel zu tun. Aber wer ist schon überall gut?

Juist: Wie lauten Ihre Empfehlungen für einen nachhaltigen und erholsamen Urlaub auf Juist?

Niko Paech: Möglichst mit Bahn und Fähre anreisen, keine Plastikabfälle erzeugen und sich wohlfühlen. Juist ist Entschleunigung pur. Leise. Ruhig. Hier ist das Leben ohne Auto ganz leicht. Es wäre wunderbar, wenn die Gäste von Juist dies in ihren Alltag mitnehmen könnten.

Auf Juist gibt es keine Autos. Auch hier sparen Sie im Urlaub erheblich an CO2. Da ist die Insel schon richtig gut. Allerdings gibt es im Bereich Energie und Wärme noch viel zu tun. Aber wer ist schon überall gut?

Nachhaltige Aktionen auf Juist:

Das haben wir bereits zusammen erreicht:

  • Die Inselgemeinde und viele weitere Leistungsanbieter beziehen nur Strom aus regenerativen Quellen.
  • Wir lassen Printprodukte klimaneutral herstellen, die Post wird CO2-frei verschickt.
  • Wir haben ein spezielles Symbol für die Anzeigen entwickelt, um möglichst viele Insulaner für das Projekt zu gewinnen. Du als Gast kannst daran ablesen, welche Unterkunft sich bereits auf dem Weg zur Klimafreundlichkeit befindet. Nutze dies bitte.
  • Für die Tourist-Information haben wir 2015 einen CO2-Fußabdruck erstellen lassen. Die TI verbraucht 13 t CO2 im Jahr. Damit sind wir in der Klimaeffizienzklasse A. Diese 13 t wurden kompensiert, sodass die TI klimaneutral war.
  • Im Kindergarten und in der Schule gab es Projekttage „,Klimawandel“ für die einheimischen Kinder.
  • Die Kinderanimation nimmt dieses Thema ebenfalls auf.
  • Jedes Jahr führen wir von Juni bis September die Kinderuniversität „Nachhaltig Leben“ mit kostenfreien Vorlesungen für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren durch.
  • Als eine der ersten Tourismusdestinationen in Deutschland ist die gesamte Insel von TourCert nachhaltigkeitszertifiziert worden.
  • Gemeinsam mit Baltrum, Norderney und der Stadt Norden haben wir ein Klimaschutzkonzept erstellt und mit der Stadt Norden einen Klimaschutzmanager zur Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes eingestellt.

Klimainsel Juist

Unterstützt uns bei unserem Projekt „KlimaInsel Juist“ Jedes Jahr entstehen bei der An- und Abreise nach Juist rund 7.500 Tonnen CO2.

  • Helft uns, diese Menge zu verringern und reist bitte klimaneutral mit der Bahn an.
  • Wenn ihr mit dem Auto fahrt, besteht die Möglichkeit die angefallenen CO2-Emissionen z. B. bei myclimate auszugleichen. Bei einer Anreise mit einem Mittelklassefahrzeug von Düsseldorf nach Norddeich und zurück wären dies 5,00 €. Auf Juist nutzt ihr kein Auto.
  • Bitte überlegt, ob ihr nicht auch zu Hause häufiger auf den Wagen verzichten könntet.
  • Spart Strom und Gas. Dies ist gut für euer Portemonnaie und besonders gut für das Klima.

Mit unserem Projekt „KlimaInsel Juist“ haben wir bereits viele Preise gewonnen. Hier wollen wir nur die bedeutsamsten nennen. So ist Juist die einzige Tourismusdestination, die sowohl 2012/13 als auch 2016/17 unter den Finalisten beim Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismusdestinationen“ war. 2016/17 haben wir sogar den Sonderpreis Klimaschutz gewonnen. 2015 bekam Juist den Deutschen Nachhaltigkeitspreis für kleine Kommunen.

Unsere Klimainsel Juist

Der Klimawandel ist für alle eine große Herausforderung – auch für Juist. Der Meeresspiegel steigt und Lebensräume verändern sich. Schon jetzt werden an der deutschen Küste die Deiche erhöht. Aber nicht nur der Anstieg des Meeresspiegels ist ein Problem. Für unsere Insel sind die vermehrten Sturmfluten eine noch größere Gefahr. Sie verursachten im Winter 2013 starke Dünenabbrüche, sodass wir 2014 künstliche Düneneinbauten durchführen mussten. Dies kannst du noch immer bei einem Strandspaziergang auf der Höhe des Hammersees gut beobachten. Wir wollen konkret etwas gegen den Klimawandel tun. Daher haben wir das Projekt „KlimaInsel Juist“ gemeinsam mit dem Energieversorger EW 2010 ins Leben gerufen. Unser Ziel lautet: Klimaneutralität bis 2030.

Juist (Un)Plugged

Vielfalt am Lehrpfad erklärt

Erfahrt Juist – mit dem Nachhaltigkeitsbeauftragten Thomas Vodde
Mit der 2,5-stündigen Fahrradtour „Juist unplugged“ erlebt ihr die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Inselgemeinde Juist hautnah und erhaltet gleichzeitig einen Blick hinter die Kulissen.

  • Was sind die wichtigsten Stellschrauben zur Nachhaltigkeit?
  • Wie funktioniert klimaneutrale Anreise?
  • Woher kommt eigentlich das Trinkwasser?
  • Was macht die Insel gegen den Klimawandel?
  • Wie kann bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden?

Diese und weitere Fragen zur Nachhaltigkeit beantwortet der Nachhaltigkeitsbeauftragte Thomas Vodde während dieser außergewöhnlichen Fahrradtour.

Die Fahrradtour „Juist (Un)Plugged“ fährt 6 Stationen zu 6 Themen an:

  1. Ökologie und Biodiversität – Aussichtsplattform Otto-Leege-Pfad
  2. Wasser und Abwasser – Wasserwerk
  3. Tourismus und Nachhaltigkeit – Hauptbadestrand
  4. Ökonomie und Soziales – Rathaus
  5. Anreise und Mobilität – Hafen
  6. Abfall, Recycling und Plastikmüll – Müllstation

Die Fahrradtour zur Nachhaltigkeit auf Juist findet vom Beginn der Osterferien bis zum Ende der Herbstferien alle vierzehn Tage an einem Dienstag
Mittwoch statt. Alle Termine findet ihr auf unserer Website juist.de.

Preiswürdig: 2016 haben wir mit dem Projekt „Juist unplugged“ neben drei weiteren Tourismusinstitutionen den Wettbewerb „Tourismus mit Zukunft!-Preis für Nachhaltigkeit im Reiseland Niedersachsen“ gewonnen und eine Unterstützung von 15.000,00 € vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Digitalisierung erhalten.

Mein Lesetipp zum „Langsamsein“

Langsamkeit.

Langsamkeit: Eine Liebeserklärung an all die Momente, die wir verpassen würden, wenn wir durch das Leben hasten und nicht innehalten, um die Magie des Moments in uns aufzunehmen.

Was ist Nachhaltigkeit für dich?Schreibe deine Gedanken:

Julia Findeisen

Julia Findeisen lebt seit 2021 auf Juist. Sie schreibt über ihre absolute Leidenschaft: Genussmomente und Glücksorte. Juist ist für sie zur Heimat geworden.

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