Gedächtnis.

Gedächtnis.

Das Inselgedächtnis.

Mehr als nur entstaubt:

Museumsleiterin Sabine Weers nimmt dich mit auf eine Exkursion durch das neue Inselmuseum, das so viele von uns als Küstenmuseum so sehr geliebt haben.

Juist: Seit wann gibt es überhaupt das Inselmuseum?

Sabine Weers: Das Museum gibt es bereits seit 90 Jahren. Nach Schließung der Schule am Meer 1934 hatte der ehemalige Naturkundelehrer und Künstler Fritz Hafner die Idee zu einem Museum, die Inselgemeinde willigte ein und Hafner wurde Museumsleiter. Grundstock für das damalige Heimatmuseum waren die naturkundliche Sammlung der Schule am Meer und die Bilder von Fritz Hafner. Es hieß damals Seewasser-Aquarium und Heimatmuseum. Die Haltung der Seewassertiere in den Aquarien war allerding sehr aufwendig und wurde später eingestellt. Das Museum wurde laufend erweitert und mehrmals umstrukturiert, zuletzt Anfang der 1980er Jahre und hieß viele Jahre Küstenmuseum.

Juist: Warum hat es jetzt einen neuen Namen?

Sabine Weers: Vor etwas mehr als 10 Jahren haben wir uns gemeinsam mit der Agentur ConCultura GmbH aus Bonn die Frage gestellt:

Wie soll unser Museum künftig sein? Was ist gut und soll so bleiben und was soll sich ändern?

Wir, das waren vor allem die Juister Vereine, wie zum Beispiel der Heimatverein. Aber es konnten sich auch einzelne Einwohnerinnen und Einwohner einbringen. Die Ostfriesische Landschaft stand uns dabei beratend zur Seite. Wir waren uns einig, dass wir den Schwerpunkt auf die Insel Juist und ihre Geschichte legen wollen, deshalb auch der neue Name Inselmuseum.

Juist: Seit wann bist du dabei und warum?

Sabine Weers: Ich arbeite seit 1990 bei der Inselgemeinde. Dort bin ich Haupt- und Personalamtsleiterin und für das TöwerVital verantwortlich. Seit 2011 betreue ich auch das Museum, wobei die Museumsleitung zunächst noch ehrenamtlich besetzt war. Seit April 2019 bin ich auch Museumsleiterin. Die Aufgabe hat mich sehr angesprochen, da ich von Anbeginn in dem Museum ein großes Potenzial gesehen habe. Um das Museum fit für die Zukunft zu machen, entwickelte ich bereits 2011 ein 3-stufiges Maßnahmenkonzept, das sich von der energetischen Sanierung über die Ertüchtigung der musealen Wirtschafts- und Nebenräume bis hin zur inhaltlichen Neuausrichtung erstreckte. Dieses Konzept habe ich dann konsequent Schritt für Schritt umgesetzt. Jedem Projektabschnitt war jeweils die Fördermittelakquise vorgeschaltet. Insgesamt war das ein recht
mühsamer Prozess und man braucht dafür einen langen Atem. Außerdem konnte ich dieser Aufgabe nur einen Teil meiner Arbeitszeit widmen. Umso mehr freut es mich, dass wir das Inselmuseum 2024 mit neuer Dauerausstellung in frisch renovierten Räumen wiedereröffnen konnten.

Juist: Was ist neu am Inselmuseum?

Sabine Weers: Das Museum wurde komplett neu konzeptioniert. Man muss sich das so vorstellen, dass praktisch alles auf links gedreht wurde. Die 11 Themenräume wurden neu strukturiert, einige Themen, wie zum Beispiel die Warfenkultur auf dem Festland, wurden rausgenommen und andere Themen, wie zum Beispiel Infrastruktur der Insel und das versteckte Leben der Juister, wurden neu aufgenommen. Zu jedem Thema gibt es allgemeine Infos. Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, erhält hinter Wandtafeln und in Schubladen oder an digitalen Stationen weitergehende Informationen. Dabei wurden sämtliche Inhalte sorgfältig recherchiert und neu getextet. Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit vielen alten Exponaten, die nun neu in Szene gesetzt sind.

Juist: Gibt es „nur“ eine Dauerausstellung oder auch aktuelle wechselnde Ausstellungen?

Sabine Weers: Jedes Jahr gibt es eine neue Sonderausstellung. Den Anfang machte „Bilderbücher an der Wand – Historische Fliesen in friesischen Stuben“. Ergänzend dazu erstellen wir auch immer eine kleine Begleitbroschüre
mit weitergehenden Informationen zur Sonderausstellung. Im nächsten Jahr werden wir uns mit dem Thema „Kinderheime auf Juist“ beschäftigen. Auf unseren Aufruf hin haben sich bereits viele Menschen mit ganz persönlichen Geschichten gemeldet.

Juist: Gibt es neue Exponate? Von wo kommen die Exponate?

Sabine Weers: Es gibt tatsächlich viele neue Exponate.

Zahlreiche Gäste und Insulaner sind unseren Aufrufen gefolgt, haben in ihren Fotoalben, Schubladen, Kellern und Dachböden gestöbert und uns ihre ganz persönlichen Schätze zur Verfügung gestellt. Das war große Klasse!

Und wir erleben das auch weiterhin. Beim Besuch der Ausstellung werden Erinnerungen wach und einigen fällt dann ein, was sie noch alles zu Hause haben und was wir vielleicht gebrauchen
könnten.

Juist: Wo ist der größte Unterschied zu früher?

Sabine Weers: Das Inselmuseum ist vielfältiger geworden – es gibt mehr Themen, die nun auf unterschiedliche Arten vermittelt werden. Da sind Rätsel zum Mitmachen und Hörstationen zum Lauschen. Vertraute Stimmen erzählen uns Geschichten und mitunter entdecken wir auch bekannte Gesichter auf den vielen Fotos.

Juist: Was interessiert die Urlauber am meisten?

Sabine Weers: Schwer zu sagen – für Stammgäste, die Juist schon viele Jahre die Treue halten, ist sicher der Raum 1 mit dem Thema Strand und Tourismus ein Favorit. Es gibt dort viele Fotos, Geschichten und Exponate aus den vergangenen Jahrzehnten, die einen nostalgisch zurückblicken lassen. Dazu gehört natürlich auch die Inselbahn in Raum 2. Sehr beeindruckend ist auch der Raum mit den Strandfunden – dort wandelt man am Spülsaum entlang und kann die vielen im Laufe der Jahre angetriebenen Fundstücke bestaunen. Aber die Interessen der Gäste sind ja ganz unterschiedlich – da gibt es bestimmt noch ganz andere Themen oben auf der Rangliste.

Juist: Kommen auch Juister ins Museum?

Sabine Weers: Auf jeden Fall, und das freut mich ganz besonders. Das Inselmuseum soll nicht nur für die Gäste sein, sondern auch für die Menschen, die auf Juist leben. Es ist praktisch unser Gedächtnis, und je mehr Juister sich mit ihren Erinnerungen einbringen, desto besser. Wir gehen den Dingen auf den Grund: Durch die Einordnung von Herkunft, Objektgeschichte und Kontext wird es spannend, denn erst die Forschung macht aus den gesammelten Gegenständen interessante Museumsexponate.

Juist: Hast du einen Lieblingsraum oder ein Lieblingsexponat?

Sabine Weers: Mmmh, gar nicht so einfach zu beantworten. Besonders gefallen mir die Pflanztröge vor dem Museum neben den Ruhebänken. Die haben nämlich eine ganz besondere Bewandtnis. Bei den Renovierungsarbeiten tauchten hinter einer Wandabdeckung noch die alten Aquarien aus der Schule am Meer auf. Drei davon haben wir dann zu Blumentöpfen umfunktioniert und sie fügen sich perfekt in das Gesamtbild ein.

Juist: Wie ist das Feedback auf die neue Ausstellung?

Sabine Weers: Wir erhalten sehr viel Lob, die Gäste sind ganz begeistert. Leider bekomme ich das gar nicht so hautnah mit, denn mein Arbeitsplatz ist im Rathaus. Aber meine Kollegen berichten mir davon. Außerdem gibt es viele positive Eintragungen in unserem Gästebuch – und darin zu blättern macht wirklich gute Laune.

Juist: Was kann man sonst noch im Museum machen, außer die Ausstellung
besuchen?

Sabine Weers: Da gibt es schon eine ganze Menge: Für Familien haben wir die Schatzsuche entwickelt. Da kann man den Düntjes helfen, damit sie wieder an ihren Schatz gelangen können. Das ist ein Spaß für die ganze Familie. Es gibt auch spannende Museumsführungen – bei denen erhält man nochmal zusätzliches Input auf ganz lockere und nette Art und Weise. Ähnlich den historischen Inselführungen, die wir bereits seit einigen Jahren anbieten. Es gibt Ostfriesische Teezeremonien, Mal- und Zeichenkurse, Vorträge und, und, und.…

Juist: Wie sind eure Pläne für die Zukunft?

Sabine Weers: Wir möchten auf jeden Fall noch mehr begleitende Veranstaltungen zu den Ausstellungen entwickeln. Und dabei möchten wir möglichst Juister und Gäste mit einbinden. Mehr wird noch nicht verraten.

Mein Lesetipp …

Entdeckungen.

Die neue Ausstellung im Nationalpark-Haus ist perfekt für jedermann, denn sie erzählt zahllose Geschichten aus dem Wattenmeer!

Döntjes.

Geschichten aus der Tourist-Information auf Juist, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden.

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Julia Findeisen

Julia Findeisen lebt seit 2021 auf Juist. Sie schreibt über ihre absolute Leidenschaft: Genussmomente und Glücksorte. Juist ist für sie zur Heimat geworden.

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